Virtuelle Realitäten sind künstliche Welten, die digital generiert wurden. Damit ist eine virtuelle Realität zunächst eine Schnittstelle zwischen Mensch und Maschine, die es dem Menschen ermöglicht, computergenerierte Daten als Realität wahrzunehmen (Lanier & Biocca, 1992). Wichtiges Merkmal ist die Interaktion eines Benutzers mit der virtuellen Welt, d. h. die unmittelbare Rückmeldung des Systems auf Basis der Benutzereingaben (z. B. Mausbewegung oder Bewegung mit dem Kopf), wodurch eine möglichst realistische Wahrnehmung einer Realität durch die dreidimensionale Darstellung erzeugt wird. Die meisten Definitionen von virtuellen Realitäten beziehen sich auch darauf, dass die von Computer erzeugten Daten mit mehr als einem Sinnesorgan wahrgenommen werden können (d. h. zumindest sehen und hören).
Dabei können die Inhalte realitätsnah abgebildet sein oder abstrakt. Virtuelle Realitäten können darüber hinaus auch hypothetische Zustände aufzeigen, etwa bei der Rekonstruktion historischer, nicht mehr zugänglicher Gebäude (Schwan, 2017). Es gibt eine breite Palette von Anwendungen mit virtuellen Realitäten, die sich vor allem im Umfang der technischen Anforderungen an Ein- und Ausgabegeräte unterscheiden. Bei einigen Systemen muss der Benutzer ein Head Mounted Display (HMD) tragen, bei dem die stereoskopische Projektion eine Raumwahrnehmung erzeugt.
Datenhandschuhe oder Datenanzüge werden ebenfalls als Ausgabegeräte getragen, so dass der Benutzer mit der virtuellen Welt interagieren kann. Getrieben insbesondere durch die Spieleindustrie sind mittlerweile Brillen verfügbar, die neben der dreidimensionalen Darstellung von Inhalten auch eine Rückmeldung zur Kopfbewegung sowie zur Bewegung der Hände ermöglichen und so einen immer realitätsnäheren Wahrnehmungseindruck bieten. Flug- oder Fahrsimulationen lokalisieren die Nutzer in einem Fahrzeug oder Cockpit und verlangen von ihnen, dass sie ein Lenkrad, einen Steuerknüppel oder ein anderes Lenkrad als Eingabemedium verwenden. Entweder der umgebende Raum oder eine integrierte Leinwand werden für die Projektion des Geschehens genutzt.
Einige Systeme liefern auch Rückmeldungen über die reale Bewegung des Fahrzeugs oder des Flugzeugs, um einen realistischen Eindruck zu erzeugen. Virtuelle Realitäten auf einem Computer haben die geringsten technischen Anforderungen an Ein- und Ausgabemedien, da sie eine Standardmaus, einen Joystick oder eine dreidimensionale Maus verwenden, die eine einfache Navigation im dreidimensionalen Raum ermöglicht.
Die Begriffe Augmented Realities oder Mixed Realities beziehen sich auf Systeme, in denen eine Darstellung der realen Welt mit computergenerierten Daten, Objekten oder Darstellungen überlagert wird. Für den Schulunterricht sind virtuelle Welten nur dann nutzbar, wenn die dazu notwendige Hard- und Lernsoftware vorhanden ist. Dann allerdings haben sie hohes Potenzial. Sie vermitteln dem Nutzer das Gefühl, in die virtuelle Welt einzutauchen (Immersion) und selbst Teil der Umgebung zu sein. Das weckt Interesse und Neugier. Virtuelle Welten können räumlich und zeitlich komplexe Zusammenhänge darstellen, die der Nutzer aktiv explorieren kann. Bewährt haben sie sich z. B. bei der Darstellung von Molekülstrukturen oder medizinisch-anatomischen Gegebenheiten, aber auch bei der Darstellung von aktuellen oder historischen Gebäuden.
Dieser Beitrag ist ein Auszug aus: Moskaliuk, J. & Cress, U. (2018). Zukunftstrends Technologie: Vom Web 1.0 zum Web 4.0. In: K. Scheiter & T. Riecke-Baulecke (Hrsg.), Schulmanagement-Handbuch 165: Schule 4.0 – Rahmenbedingungen (S. 8 – 22). München: Oldenburg.