Das Transtheoretische Modell beschreibt intentionale Veränderungen von Verhalten in sechs Phasen und schlägt jeweils konkrete Strategien vor. Das Modell wird insbesondere auf gesundheitsbezogenes Verhalten (z.B. Raucherentwöhnung, Ernährung, Sport) und im therapeutischen Kontext angewendet (z.B. Alkohol- und Drogenkonsum).

  • Absichtslosigkeit (Precontemplation): Der Coachee hat nicht die Absicht, ein problematisches Verhalten zu verändern.
  • Absichtsbildung (Contemplation): Der Coachee bildet die Absicht, irgendwann ein problematisches Verhalten zu verändern.
  • Vorbereitung (Preparation): Der Coachee plant konkret, demnächst ein problematisches Verhalten zu ändern. Er unternimmt erste Schritte für eine Änderung des Verhaltens.
  • Handlung (Action): Der Coachee beginnt, die Verhaltensänderung umzusetzen.
  • Aufrechterhaltung (Maintenance): Der Coachee hat ein problematisches Verhalten bereits für längere Zeit aufgegeben und eine Verhaltensänderung erfolgreich umgesetzt.
  • Abschluss (Termination): Der Coachee hat eine neue Verhaltensweise in das eigene Selbstkonzept und die eigene Persönlichkeit integriert. Er kann das Verhalten dauerhaft aufrechterhalten.

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Coaching-Strategien für die einzelnen Phasen

Das Transtheoretische Modell können Sie nutzen, um Veränderungsprozesse besser zu verstehen (vgl. àRubikon-Modell) und auf dieser Basis Coaching-Interventionen zu planen. Das Modell eignet sich auch, um dem Coachee den Prozess einer Verhaltensänderung zu erklären.

  • Für Coachees, die sich in der ersten Phase der Absichtslosigkeit befinden ist es hilfreich, die Aufmerksamkeit auf den aktuellen Stand zu richten, und die Schwierigkeiten die sich z.B. aus einem problematischen Verhalten ergeben. Hier geht es vor allem darum, den Coachee mit Informationen zu versorgen, die den Schritt zu konkreten Planung erleichtern. Hilfreich ist ein gezieltes Feedback (möglichst von unterschiedlichen Personen), wenn möglich auf Basis konkreter Daten (z.B. Rückmeldung auf Mitarbeiterbefragungen, Verkaufszahlen, medizinischen Daten … ) oder Einsatz von Fragebögen zur Diagnostik (z.B. Burnout-Fragebogen, Fragebogen zur berufsbezogenen Persönlichkeitsdiagnostik).
  • Die zweite Phase der Absichtsbildung ist oft von widersprüchlichen Gedanken und Eindrücken geprägt. Hier sind alle Methoden hilfreich, die bei der Entscheidungsfindung helfen. In dieser Phase „ist der Rubikon noch nicht überschritten“ (Rubikon-Modell), eine direkte Arbeit an der Umsetzung des Ziels (z.B. mit der Methode der Smarten Ziele) kann hier hinderlich für das Erreichen des Ziels sein. Zunächst ist es wichtig z.B. gegensätzliche Motive oder Alternativen zu integrieren, an den eigenen Werten zu arbeiten, oder hinderliche Beliefs zu identifizieren.
  • In der dritten Phase der Vorbereitung geht es um ein klares Bild vom Ziel. Außerdem ist das Commitment des Coachee (heißes Ziel) in dieser Phase wichtig für den Erfolg. In dieser Phase wird das Ziel in konkrete Verhaltensweisen übersetzt, und z.B. auf Basis von àWenn-Dann-Plänen genau geplant.
  • In der vierten Phase der Handlung und der fünften Phase der Aufrechterhaltung geht es darum, das Verhalten und die eingesetzten Strategien im Bezug auf ihre Wirksamkeit für das Ziel zu überprüfen und falls nötig entsprechende Korrekturen vorzunehmen. Außerdem sollte der bisherigen Erfolg wahrgenommen und gewürdigt werden, und mögliche Hürden bearbeitet werden.

Strategien für Denken und Fühlen

Das Modell schlägt fünf kognitive-affektive Strategien vor, die einen Coachee bei Veränderung unterstützen können. Diese Prozesse beziehen sich eher auf das emotionale Erleben im Bezug auf ein Ziel, bzw. auf die Gedanken, die beim Erreichen des Ziels unterstützen (oder es verhindern).

  • Steigern des Problembewusstseins (Consciousness Raising): Was genau möchte ich ändern? Wer bin ich in 5 Jahren, wenn ich jetzt nichts verändere? Was fehlt mir dann? Was habe ich nicht?
  • Emotionales Erleben (Dramatic Relief): Was stört mich daran, wie es gerade ist? Welche negativen Emotionen bringt der Ist-Zustand mit sich, welche positiven Emotionen ergeben sich, wenn ich das Ziel erreicht habe?
  • Neubewertung der persönlichen Umwelt (Environmental Reevaluation): Wie bewerte ich die Bedeutung meiner Umwelt? Welche ungeahnten Ressourcen stehen mir zur Verfügung? Was kann ich zum Besseren verändern?
  • Selbstneubewertung (Self-Reevaluation): Wie bewerte ich meine eigenen Fähigkeiten in Bezug auf mein Ziel? Welche Meinung oder Einstellung habe ich mir selbst, meiner Persönlichkeit gegenüber? Was bedeutet das für mein Ziel?
  • Wahrnehmen förderlicher Umweltbedingungen (Social Liberation): Welche Bedingungen in meiner (sozialen) Umwelt sind hilfreich für mein Ziel? Wie kann diesen Bedingungen besondere Aufmerksamkeit schenken und sie als Ressourcen nutzen?

Verhaltensorientierte Strategien

Außerdem benennt das Modell verhaltensorientierte Strategien, die beim Erreichen des Ziels unterstützen können.

  • Gegenkonditionierung (Counterconditioning). Der Coachee erlebt die Verstärkung von erwünschtem und zielführendem Verhalten (z.B. weil ein souveräneres und selbstbewussteres Verhalten zu mehr Respekt von Mitarbeitenden und Kollegen führt). Dadurch wird das unterwünschte Verhalten „verlernt“.
  • Kontrolle der Umwelt (Stimulus Control): Der Coachee sucht gezielt Situationen auf, die ihn beim Erreichen des Ziels unterstützen und vermeidet Situationen, die das Erreichen des Ziels gefährden bzw. bereitet sich auf solche Situationen mit entsprechenden Gegenstrategien vor.
  • Nutzen hilfreicher Beziehungen (Helping Relationships): Der Coachee nutzt das soziale Umfeld als Ressource und bezieht andere Personen in das Erreichen des Ziel mit ein.
  • (Selbst-) Verstärkung (Reinforcement Management): Der Coachee verstärkt selbst erwünschtes und zielführendes Verhalten und sucht gezielt Situationen aus, in denen er sich im Bezug auf das Ziel als selbstwirksam und erfolgreich erleben kann. Auch die Selbstbelohnung beim Erreichen von Teilzielen ist eine wirksame Verstärkung.
  • Selbstverpflichtung (Self-Liberation): Der Coachee verpflichtet sich bewusst selbst, dass Ziel in einem bestimmten Zeitraum zu erreichen, oder ein bestimmtes Verhalten zu verändern.

Die verhaltensorientierten Strategien und die kognitive-affektive Strategien können Sie nutzen, um Ihren Coachee beim Erreichen des Ziels zu unterstützen. Das free.tool Stufen der Veränderung visualisiert das transtheoretische Modell, Sie können die Grafik Ihrem Coachee mitgeben.

Quellen und weiterführende Inhalte

Grant, A. M. (2012). An integrated model of goal-focused coaching: An evidence-based framework for teaching and practice. International Coaching Psychology Review, 7(2), 146-165.

Prochaska, J. O., DiClemente, C. C., & Norcross, J. C. (1992). In search of how people change: Applications to addictive behaviors. American psychologist, 47(9), 1102-1114.

Wer schreibt hier?

Johannes ist Professor für Wirtschaftspsychologie in Stuttgart und Geschäftsführer der ich.raum GmbH. Er schreibt auf ichraum.de zu den Themen Coaching, Führung und Psychologie.

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