Stellen Sie sich ein Elfmeterschießen vor. Cristiano Ronaldo scheint in die linke untere Ecke zu zielen, und Iker Casillas, der Torhüter des spanischen Teams, taucht in diese Ecke, doch der Ball landet in der anderen Ecke. Tor! Wie reagieren Sie als begeisterter Fußballfan auf diesen Ereignisablauf? Anhänger der portugiesischen Mannschaft werden sehr wahrscheinlich jubeln und sich freuen, während Fans des spanischen Teams vor Schreck erstarren und niedergeschlagen reagieren dürften.
Offensichtlich kann ein und derselbe Handlungsablauf sehr unterschiedliche Konsequenzen für den Beobachter haben, je nachdem, welchen Wert die Ereignisse für ihn haben. Daher ist für die Deutung der Handlungen von anderen nicht nur das Verstehen der Ziele, die der andere verfolgt sowie eine genaue Beschreibung der kennzeichnenden Parameter der ausgeführten Bewegungen erforderlich, sondern auch eine Bewertung der Relevanz der beobachteten Handlung für den Beobachter.
Wie bewältigt das Gehirn diese, mit Handlungsinterpretationen verbundenen Herausforderungen? Die Entdeckung der Spiegelneuronen vor 20 Jahren schien eine Antwort auf diese Frage zu geben. Beschrieben wurden Spiegelneurone als spezielle Neurone in prämotorischen und parietalen Anteilen der Großhirnrinde von Affen, die mit der Bewegungsplanung befasst sind. Spiegelneurone reagieren sowohl, wenn der Affe eine zielgerichtete Handlung ausführt, als auch dann, wenn der Affe sieht, wie dieselbe Handlung von anderen durchgeführt wird. Mit anderen Worten: Die Beobachtung einer Handlung aktiviert ein Nervenzellsystem, das zu anderen Zeiten für die Ausführung einer vergleichbaren Handlung verantwortlich ist. Wir verstehen, was andere tun, indem wir neuronale Schaltkreise in Resonanz versetzen, die uns die Generierung vergleichbarer Bewegungen erlauben.
fotografiert von Aaron Logan [CC-BY-2.5, Wikimedia Commons]Aber wie wird der beobachteten Handlung der subjektive Wert zugeschrieben? Dieser Frage gingen Vittorio Caggiano und Mitarbeiter am Hertie-Institut für klinische Hirnforschung, Tübingen, mit Unterstützung von Kollegen der Universität Parma in ihrer Untersuchung von Spiegelneuronen in prämotorischen Teilen der Hirnrinde nach. In ihren Experimenten wurden die Reaktionen von Spiegelneuronen aufgezeichnet, während Affen beobachteten, wie ein Experimentator zielgerichtete Handlungen mit unterschiedlichen Konsequenzen für den Affen ausführte. Die Autoren fanden heraus, dass die Reaktionen von Spiegelneuronen durch den Wert, den die beobachtete Handlung für den zuschauenden Affen hatte, moduliert wurden. Genauer gesagt: Wenn der Affe eine schmackhafte Belohnung für das Betrachten der Handlung in Aussicht hatte, zeigten viele Spiegelneurone weitaus stärkere beobachtungsbedingte Reaktionen. War dieselbe Handlung hingegen mit einer weniger schmackhaften Belohnung verbunden, so waren die Reaktionen typischerweise deutlich schwächer.
Diese Beobachtung deutet darauf hin, dass Spiegelneurone in der prämotorischen Großhirnrinde alle Schlüsselinformationen repräsentieren, die für die Bewertung der Handlungen des Gegenübers erforderlich sind. Sie unterstreicht damit die zentrale Rolle, die Spiegelneurone für die Vermittlung sozialer Interaktionen und ihrer Störungen, wie zum Beispiel Autismus, spielen dürften. Quelle: Informationsdienst Wissenschaft (idw)
Wer schreibt hier?
Johannes ist Professor für Wirtschaftspsychologie in Stuttgart und Geschäftsführer der ich.raum GmbH. Er schreibt auf ichraum.de zu den Themen Coaching, Führung und Psychologie.
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