Das Coaching-Tool Ressourcen-Rucksack basiert auf der Intervention “Moments of Excellence”, und wird in ähnlicher Form im Neurolinguistischen Programmieren eingesetzt. Es macht sich eine Grundidee des systemischen Coachings zu nutze: Ein Coachee trägt bereits alle Ressourcen – Kompetenzen, Fähigkeiten, Strategien, Lösungsideen – in sich. Ziel des Coachings ist, diese wieder zugänglich zu machen und den Coachee dabei zu unterstützen, diese auch verhaltenswirksam werden zu lassen.

Es werden viele unterschiedliche Formen dieses Tools beschrieben. Sie können das Tool kreativ nutzen, und an Ihren eigenen Stil anpassen. Es geht darum, vergangene Situationen aus dem Leben des Coachee als Ressource für zukünftige Erfahrungen zu nutzen. Das Tool stärkt den Coachee und macht klar: Positive Emotionen, gute Erfahrungen, das Erleben von Kompetenz und Selbstwirksamkeit kann dem Coachee keiner nehmen. Diese kann der Coachee auch in stressigen, belastenden und anstrengenden Situationen nutzen.

Folgende Aspekte sind zentral für die Wirkung des Coaching-Tools:

  • Der Coachee lernt, Erinnerungen an Situationen volle Ressourcen jederzeit zu aktivieren und dadurch gezielt positive Emotionen auszulösen. Das steigert die Selbstwirksamkeitserwartung des Coachee, also das Vertrauen, für das eigene Erleben auch in belastendenden Situationen selbst verantwortlich zu sein.
  • Nachdem ressourcenvolle Situationen exploriert und benannt wurden, werden diese auf Bodenankern zuerst assoziiert wahrgenommen (Herzgehirn), um deren positive emotionale Qualität zu erleben.
  • Die durch räumliche Anker im heute verorteten positiven Erfahrungen werden dann nacheinander aktiviert und deren Wirkung z.B. in Bezug auf eine bevorstehende stressige Situation erlebt.
  • Zusätzlich können die aktivierten positiven Ressourcen mit einer idiosynkratrischen Bewegung, einem kinästhetischen Anker oder einer anderen Erinnerungshilfe (z.B. Stein für die Hosentasche, Bild auf dem Schreibtisch) verknüpft werden (Coaching-Tool Glücksgefühle).
  • Die einzelnen Situationen sollten in den ersten zwei Phasen klar voneinander getrennt sein. Insbesondere das Wechseln von einer Situation, die von negativen Emotionen geprägt ist, zu einer Situation, in der positive Emotionen wirksam sind, muss bewusst vorgenommen werden. Hier hilft zum einen die räumliche Verortung der Situationen mit Hilfe von Ankern. Außerdem kann der Coachee gezielt die Wahrnehmung der negativen Emotionen unterbrechen, z.B. in dem er kurz ein ganz anderes Thema anspricht („Ein schönes Hemd haben Sie an. Gefällt mir gut.“) und so die Assoziation des Coachee mit der negativen Situation stört.

Coaching-Tool: Ressourcen-Rucksack

In diesem Coaching-Tool identifiziert der Coachee Situationen aus der eigenen Biografie, die er als Ressource für die Zukunft nutzen kann. Das wirkt stärkend und kann das Vertrauen in die eigenen Fähigkeiten und Kompetenzen steigern, z.B. in der Vorbereitung auf stressige oder belastendende Situationen.

Dieses Coaching-Tool bereitet Ihren Coachee auf anstrengende oder stressige Situationen vor, z.B. eine Rede vor Publikum, eine Prüfung oder ein bevorstehendes Konfliktgespräch. Die zentrale Idee: Der Coachee sammelt positive Erfahrungen aus der Vergangenheit in einen vorgestellten Rucksack, und kann diese als stärkende Ressourcen dann jederzeit nutzen.

1. Um welche Situation geht es?

Der Coachee beschreibt kurz die anstrengende oder stressige Situation, die in naher Zukunft bevor steht. Außerdem findet er einen Begriff, der die Situation beschreibt. Die Situation wird mit einem Bodenanker (z.B. Moderationskarte) im Raum visualisiert. Dann macht der Coachee einen bewussten Schritt in die zukünftige Situation und nimmt diese assoziiert wahr. Der Coach achtet auf die Problem-Physiologie des Coachee (mit dem Ziel später Veränderungen wahrnehmen und zurückmelden zu können).

Es genügt, die zukünftige Situation kurz zu aktivieren. Es ist kein langes, intensives Erleben der mit der Situation verbundenen negativen Emotionen notwendig. Der Coach sollte hier rechtzeitig unterbrechen, damit der Coachee nicht zu stark vom eigenen negativen Erleben frustriert ist.

2. Welche Ressourcen kann ich nutzen?

Jetzt identifiziert der Coachee eine Situation aus seiner eigenen Biografie, die als Ressource für die zukünftige Situation dienen kann. Das können spezifische Ressourcen sein (vgl. Coaching-Tool Beliefs ärgern), die zur zukünftigen Situation passen. Ist die zukünftige Situation z.B. davon geprägt, dass sich der Coachee klein fühlt und aufregt ist, könnte eine Ressourcen-Situation mit dem Gefühl von Größe und innerer Ruhe verbunden sein. Die Ressourcen können auch allgemeiner sein, dann sucht der Coachee nach einer Situation, in denen er sich kompetent, selbstsicher und wohl gefühlt hat. Der Coach sollte darauf achten, dass es sich um eine Situation handelt, in denen der Coachee tatsächlich aktiv handelt, also selbst für das positive Erleben der Situation verantwortlich war.

Die Situation wird ebenfalls mit einem Bodenanker im Raum visualisiert (Timeline). Der Coachee macht auch hier einen bewussten Schritt auf die Situation und nimmt diese assoziiert wahr ( Assoziiert mal drei). Er fokussiert insbesondere auf die positiven Emotionen, die in der Situation erlebbar sind. Außerdem achtet der Coachee auf Körperhaltung, Bewegungen und Körpergefühle, die mit dieser Situation verbunden sind. Der Coach kann die Veränderungen, die er beim Coachee wahrnimmt, direkt zurückmelden (z.B. ein Lächeln, eine Handbewegung, eine Änderung der Körperhaltung). Wenn möglich, wird eine spezifische Bewegung oder ein spezifisches Körpergefühl identifiziert, das zu dieser Situation gehört.

Dann werden noch weitere Ressourcen-Situationen identifiziert, diese ebenfalls mit Bodenanker im Raum verortet und jeweils assoziiert wahrgenommen. Es hat sich bewährt, mindestens drei unterschiedliche Ressourcen-Situationen zu suchen und die damit verbunden positiven Emotionen zu erleben.

Die Situationen können aus unterschiedlichen Lebensbereichen stammen und müssen inhaltlich nicht in direktem Zusammenhang mit der zukünftigen Situation stehen. Wenn der Coachee sich nicht entscheiden kann, kann der Coach darauf hinweisen, möglichst starke und gut erinnerte Situationen zu wählen und außerdem darauf achten, dass unterschiedliche Ressourcen mit den drei Situationen verbunden sind, die als Kombination im Blick auf die zukünftige Situation hilfreich sein

Ist ein Coachee in einer eher niedergeschlagenen Stimmung oder zeigt gar depressive Symptome, kann es schwerfallen, Ressourcen-Situationen aus der eigenen Vergangenheit zu identifizieren. Im schlimmsten Fall verstärken Sie dann das negative Grundgefühl des Coachee. Folgende Strategien können hilfreich sein:

  • Machen Sie als Coach die Frage „kleiner“. Fragen Sie nicht nach einer Situation, in der sich der Coachee rundum stark, selbstbewusst und ressourcevoll gefühlt hat. Fragen Sie eher nach einer Situation in der sich der Coachee „etwas selbstbewusster“ gefühlt, oder die Erfahrung gemacht hat „etwas doch ziemlich gut zu können“. Das kann die Wirkung des Tools abschwächen, sie können aber zu einem späteren Zeitpunkt mit dem Coaching-Tool weiterarbeiten.
  • Formulieren Sie Ihre Frage nach systemischen Grundregeln. Fragen Sie nicht: „Gibt es in ihrem Leben eine Situation … “ sondern „An welche Situation erinnern sie sich, in der …“.
  • Setzen Sie auf hypnotische Sprachmuster, z.B.: „Erinnern sie sich zunächst an […] Wenn ihnen jetzt mehrere Situationen in den Kopf kommen, dann suchen sie zunächst noch etwas weiter […] und lassen sich überraschen, was ihnen einfällt […] dann entscheiden sie sich für einer der Situationen […].“
  • Regen Sie den Coachee an, in der eigenen Vergangenheit weit zurück zu gehen, und sich z.B. an Situationen aus der eigenen Kindheit zu erinnern, die mit positiven Emotionen verknüpft sind.
  • Suchen Sie gemeinsam mit dem Coachee in anderen Lebensbereichen nach positiven Erfahrungen. Wenn es z.B. um eine berufliche Fragestellung geht, kann der Coachee in der Familie, im Freundeskreis, im Sportverein etc. nach passenden Situationen suchen und umgekehrt.

3. Ressourcen verankern

Zum Abschluss werden die Ressourcen der früheren Situationen gemeinsam in einen „Rucksack gepackt“. Dazu stellt sich der Coachee nacheinander auf die drei Bodenanker für die Ressourcen-Situationen und aktiviert die mit den entsprechenden Situationen verbunden positiven Emotionen und Ressourcen.

Der Rucksack ist ein Bild, das ich selbst gerne im Coaching verwendet. Manchen scheint die Vorstellung, einen schweren Rucksack mit Ressourcen dabei zu haben, eher hinderlich zu sein. Wählen Sie ein Bild, dass zu Ihnen und Ihrem Coachee passt: Einen Akku, der aufgeladen wird; ein Mariechen, das die Schürze voll Goldtaler sammelt; ein USB-Stick, auf dem alle guten Erinnerungen gespeichert sind; ein Fotoalbum, in das alle Ressourcen eingeklebt werden; Personen, die hinter mir stehen; eine Stimme, die mir ins Ohr flüstert.

Wenn alle Ressourcen „eingepackt“ sind, macht der Coachee einen Schritt Richtung Zukunft und erlebt die Stress-Situation in einer ressourcevollen Haltung. Dazu nutzt er die entsprechenden Handbewegungen oder Erinnerungshilfen. Es geht jetzt darum, Veränderung wahrzunehmen. Wie verändert sich Erleben, Wahrnehmen und Verhalten, wenn der Coachee sich der vorhandenen Ressourcen bewusst ist und diese in der Situation einsetzt.

Manche Coachees fangen spontan an zu lachen, freuen sich oder sind verblüfft, wie sich die Situation verändert hat. Diese Wahrnehmung sollte der Coach verstärken. Andere Coachees bemerken nicht sofort eine Veränderung. Dann kann von einer Meta-Position aus reflektiert werden, wie sich Wahrnehmen, Erleben und Verhalten verändern könnte, wenn der Coachee trotz Stress in einer ressourcevollen Haltung bleibt.

Dieses Coaching-Tool ändert zunächst nichts am eigentlichen Problem und führt nicht direkt zu veränderten Strategien oder Verhaltensweisen. Meistens erlebt der Coachee es trotzdem als sehr wertvoll und stärkend, vorhandene Ressourcen zu identifizieren. Das Tool eignet sich deshalb als Einstieg ins Coaching und als Auftakt zu einem weiteren Coaching. Ein nächster Schritt im Coaching-Prozess kann sein, gezielter an Strategien und Handlungsoptionen zu arbeiten, die der Coachee nutzen kann, um souverän und selbstwirksam zu reagieren.

Außerdem können weitere Interventionen angeschlossen werden, z.B. das Coaching-Tools Gefühlstheater, um gezielt alternative Verhaltensweisen auszuprobieren.

4. Abschluss und Erinnerungshilfe

Abgeschlossen werden kann der Prozess mit der Idee, dass der Coachee das Aktivieren der eigenen Ressourcen gezielt in seinem Alltag üben kann, und sich Erinnerungshilfen schaffen kann, die ihn an die eigenen Ressourcen erinnern (ein Bild auf dem Schreibtisch, eine bestimmtes Lied auf dem .mp3-Player). Außerdem kann die Wirkung des Tools verstärkt werden, wenn der gesamte Prozess zum Abschluss reflektiert wird und der Coachee die Idee mitnimmt, dass das Vertrauen in die eigenen Kompetenzen und Fähigkeiten (was im Coaching durch das Erleben der früheren Situationen gestärkt wurde), Auftreten, Kommunizieren und Verhalten verändert.

4. Coaching-Tool downloaden

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Wer schreibt hier?

Johannes ist Professor für Wirtschaftspsychologie in Stuttgart und Geschäftsführer der ich.raum GmbH. Er schreibt auf ichraum.de zu den Themen Coaching, Führung und Psychologie.

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