Komplimente sind seit vielen Jahren fester Bestandteil der lösungsorientierten Methode. Damit sie positiv aufgenommen werden, müssen einige Prinzipien beachtet werden.
Daher zeige ich Ihnen heute acht Elemente gelungener Komplimente.
Zuerst jedoch, etwas zum Hintergrund.
Lösungsfokus und Komplimente
»Leave no footprints!«
– Insoo Kim Berg
Seit Steve de Shazer, dem Begründer der lösungsorientierten Methode, beenden viele Therapeuten und Coaches ihre Gespräche mit Komplimenten. Der Coach wählt Aspekte, die ihn erstaunt oder beeindruckt haben. Mut, Durchhaltevermögen oder Loyalität und Gewissenhaftigkeit werden dem Coachee rückgemeldet.
Damit sind Komplimente ein Mittel, um Ressourcen anzuerkennen und für die Zielerreichung ins Gedächtnis zu rufen.
Ursprünglich schlug de Shazer Komplimente vor, um die Empfänglichkeit für nachfolgende Hinweise oder Aufgaben zu erhöhen.
Mit dem Credo keine Fußspuren zu hinterlassen ist das für einige Anhänger der lösungsorientierten Methode heute nicht vereinbar. Denn der Coach bewertet damit was er für wichtig hält. Das kann problematisch sein, weil wir durch eine Bewertung auf mehr oder weniger subtile Weise unsere Überlegenheit ausdrücken. Strenggenommen werden Ziele, Lösungswege und deren Bewertung in der lösungsorientierten Methode dem Kunden überlassen.
Dieses Dilemma umgehen Sie, wenn Sie Komplimente indirekt aussprechen, bspw. indem es in einer Frage verpackt wird.
Komplimente haben aber darüber hinaus ihren Nutzen.
Während jedes Coachings kann es bspw. passieren, dass der Coach vom Weg abkommt oder vom Coachee missverstanden wird. Die Zusammenarbeit kann dann einen Bruch erfahren. In solchen Momenten können knappe und aufrichtige Komplimente den Weg zurück bahnen.
Damit bestehen vor allem zwei Gründe dem Coachee ein Kompliment zu machen:
- Ressourcen aufdecken und für die Zielerreichung ins Gedächtnis rufen und
- eine Vertrauensbasis herstellen oder wiederherstellen.
Damit ein Kompliment gelingt, muss es sich allerdings an den folgenden Elementen orientieren.
8 Elemente gelungener Komplimente
1. Sie müssen es meinen
Was wir sagen sollte ehrlich und aufrichtig sein. Wer mit den drei Prinzipen Empathie, Echtheit und Wertschätzung von Carl Rogers bricht riskiert, dass ein Kompliment nicht ernst genommen wird.
2. Sie müssen Ihre Quellen freilegen können
Komplimente müssen evidenz-basiert sein. Wenn der Coachee nachfragen würde wie ein Kompliment gemeint ist, muss der Coach benennen können worauf er sich bezieht.
Das setzt natürlich voraus, dass man als Coach mit einem konstruktiven Ohr zuhört. Das heißt: Zuhören um Quellen für mögliche Lösungen zu finden, statt zuhören, um zu verstehen.
3. Bleiben Sie professionell
Ein Kompliment für den neuen Haarschnitt ist angemessen, wenn es von der besten Freundin kommt. Aber nicht vom Coach.
Komplimente sollten also angemessen sein, indem sie zur professionellen Beziehung zwischen Coach und Coachee passen.
4. Sparen Sie sich die Kehrseite
Knüpft der Coach eine Bedingung an sein Kompliment, wirkt es wie ein Manipulationsversuch. Es sollte also kein Mittel sein, um den Coachee auf etwas vorzubereiten.
Ein Kompliment sollte für sich stehen. Unabhängig davon was der Coachee mit seiner Zukunft macht.
5. Beschränken Sie sich auf sachdienliche Aspekte
Auf die eine oder andere Weise sollte unsere Rückmeldung bedeutsam sein für Anlass und Ziele, die ein Coachee mitbringt.
Ein Kompliment über den Musikgeschmack einer Geschäftsführerin hilft nicht, wenn sie sich eine bessere Bewältigung akuter Stresssituationen wünscht. Eine Person kann äußerst gewissenhaft, taktvoll oder direkt sein. Die Frage, die sich ein Coach hier stellen muss ist ob diese Merkmale zieldienlich sind.
6. Halten Sie sich an leicht zu bejahende Aspekte
Der Coachee muss ihnen zustimmen können. Lassen Sie Komplimente nicht so klingen als wüssten Sie mehr als der Coachee selbst.
De Shazer sagte einmal: »Wer eine Hypothese hat, sollte zwei Aspirin nehmen, sich in eine Ecke setzen und warten bis der Anfall vorbei ist.«
Bleiben Sie beispielsweise besser bei einer Verhaltensbeschreibung als auf zugrundeliegende Persönlichkeitsmerkmale zu schließen. Erstere sind leichter zu bejahen.
7. Greifen Sie die Wortwahl des Kunden auf
Komplimente müssen auf eine Weise mitgeteilt werden, die Kunden auch hören können.
Ein nachdenklicher Kunde wird empfänglicher sein, wenn seine Wortwahl gespiegelt wird.
Ein starker Mann und eine starke Frau brauchen vielleicht auch eine starke Wortwahl.
8. Verpacken Sie Ihr Kompliment in einer Frage
Ein Kompliment lässt sich wunderbar in einer Frage »verstecken«. Damit haben wir die Möglichkeit indirekt Stärken und Ressourcen zu bestätigen.
Anstatt direkter Bestätigung wie, »Ich wette die meisten Menschen in Ihrer Position hätten aufgegeben. Ich bewundere Ihre Ausdauer!», könnten wir indirekt fragen: »Woher nehmen Sie die Ausdauer und das Durchhaltevermögen eine solche Situation durchzustehen?« Oder offener: »Was sagt das über Sie aus?«
Fragen sind der Kern, der lösungsorientierten Methode. Der Coach sagt dem Kunden nicht was er tun soll oder wie die Dinge zu bewerten sind. Durch Fragen ermöglicht er dem Coachee selbst neue Perspektiven einzunehmen. Warum sollte dieser Grundgedanke nicht auch bei Komplimenten umgesetzt werden.
Angenommen Sie würden die acht Elemente gelungener Komplimente umsetzen wollen: Würden Sie diesen Artikel noch einmal lesen, um sie sich einzuprägen? Würden Sie sich eine Erinnerungshilfe aufhängen? Oder würden Sie einfach machen?
Quellen
Iveson, C., George, E., Ratner, H. (2012). Brief Coaching – A Solution Focused Approach. London: Routledge.